"That rug really tied the room together!" Mit diesem Satz beklagt der "Dude", Titelheld aus "The Big Lebowski", dem letzten großen Werk der Coen-Brüder, den Teppichdiebstahl in seinem Haus. Der Bowlingfan und White-Russian-Liebhaber spricht damit außerdem eine grundlegende Wahrheit aus, die man einem professionellen Raumgestalter nicht besser hätte in den Mund legen können: Oft ist es ein Teppich, der ein Zimmer zur Vollkommenheit führt. Das bindende Element, das aus den Bestandteilen einer Zimmereinrichtung das große Ganze macht.

Das Herzstück aus dem Wohnzimmer des "Dude" war übrigens ein Perser. Ob er ihm damit 1998 zu einem Comeback verholfen hat, wissen wir auch nicht. Sicher ist aber: Modelle, die man im Wohnzimmer der Großeltern noch als angestaubte Relikte längst vergangener Zeiten belächelt hat, sind (wie alle vergangenen Moden) plötzlich wieder heiß begehrt. Im richtigen Umfeld erscheint ein klassischer Perser tatsächlich in einem völlig neuen Licht.

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Was ist ein Perser- oder Orientteppich?

Die Bezeichnungen werden landläufig als Sammelbegriff für alle geknüpften Wollteppiche aus dem Morgenland verwendet, während Experten viel spezifischer nach Regionen sowie Machart, Material und Muster klassifizieren. So wäre etwa ein Gabbeh ein südpersischer Nomadenteppich, der von den Ghashgai-Nomaden geknüpft wird. Auch jedes Muster hat einen Namen, zum Beispiel Bothe, ein mandelförmiges Ornament, oder Goi, eine achteckige Blume.

Dem Trend auf Kleiderstangen und in Bücherregalen zum Trotz: Dinge farblich aufeinander abzustimmen, ist nicht immer ein optischer Vorteil. Oft langweilt die totale Harmonie das Auge schon nach kurzer Zeit. Sowohl bei der Zusammenstellung des eigenen Outfits als auch bei der Inneneinrichtung gilt: Manchmal ist das Auffällige dem allzu Gefälligen vorzuziehen.

Hier wurden zwei Durchgangszimmer mit unterschiedlich großen, Perserteppichen dekoriert, einmal blass, einmal kräftig. Das schafft optische Abwechslung – und macht Lust, hin und wieder mal das Zimmer zu wechseln.

Voraussetzung ist selbstverständlich, dass man über ausreichend Platz verfügt. Bei kleineren Zimmern empfiehlt es sich beim Teppichkauf also unbedingt, die richtigen Maße im Kopf zu haben.

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Zur These, dass Teppiche eine bindende Wirkung hätten, gesellt sich die Antithese, dass sich ein Raum mit ihnen in verschiedene Territorien einteilen lässt: in Sitzbereiche, Spielecken oder auch in Schlafnischen.

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Ein Orientteppich ist nicht zwingend Wohn- oder Esszimmern vorbehalten – sie sind robuster, als man denkt! Auch für das Badezimmer oder die Küche lassen sich Teppiche in sämtlichen Maßen und Stilen finden.

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Je mehr Lichteinfall, desto stärker kommt ein Teppich zum Leuchten. Allerdings verblassen die Farben so in der Regel auch etwas schneller. Ist man mal länger verreist, lässt sich dem ein wenig vorbeugen, indem man den Teppich für diesen Zeitraum einrollt. Kauft man den Teppich auf der Straße, wie es beispielsweise in Marokko bei vielen Händlern üblich ist, sollte bedacht werden, dass er bei hiesigen Lichtverhältnissen und im eigenen Zimmer vermutlich völlig anders aussieht, als dort vor Ort bei Tageslicht.

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Nicht nur bei den Persern hat das Teppichhandwerk Tradition. Das türkische Wort für Teppich ist "Kilim", es geht auf das persische "gelim" zurück. Kilims – bei uns meist Kelims genannt – sehen je nach Herkunftsland (dem Balkan, dem Kaukasus, Iran und Afghanistan) völlig unterschiedlich aus, werden aber stets von den Frauen eines Nomadenvolkes gewoben. Es handelt sich um Flachgewebe ohne Flor.

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Besonderheit von Kelims

Der Schussfaden bildet auf beiden Seiten ein Muster, es gibt daher keine Vor- oder Rückseite. Von Perserteppichen unterscheiden sie sich auch durch ihre eher grafischen, geradezu minimalistischen Muster; und ähneln darin schon eher den geknüpften, hochflorigen Berberteppichen, deren Ursprünge in Nordafrika liegen (wobei sie häufig auch zu den "Orientteppichen" gezählt werden)

Auch "Kelim" wird häufig einfach als Sammelbegriff für Flachgewebe benutzt, wobei es hier ähnlich genaue Zuordnungen gibt wie beim Orientteppich. Dhurrie etwa heißt der indische Sommerteppich aus Baumwolle, dessen Dessin eher modern interpretiert wird.

Da flachgewebte, exotische Teppiche sich inzwischen vielerorts großer Beliebtheit erfreuen, werden sie häufig von industriellen Herstellern kopiert und maschinengefertigt. Im Gegensatz zu solchen Imitaten ist jeder handgearbeitete Kelim ein echtes Unikat. Um als antik zu gelten, muss er übrigens mindestens 80 Jahre alt sein.

Für die Nomadenvölker sind Flachgewebe übrigens ein multifunktionales Textil, das mal als Bodenbelag, mal als Wandbehang, Türersatz oder Satteldecke benutzt wird. Das kann man sich zum Vorbild nehmen! Auf diesem Sofa liegen Kissen mit unterschiedlichen Kelim-Bezügen. Macht dieser Anblick nicht Lust auf einen Kurzurlaub in Marrakesch – und kann dieser Teppich uns vielleicht dorthin fliegen?

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