Herr Kühne, Sie sind Teppicheinkäufer in einem Möbelmarkt und somit ganz nah dran am Kunden. Welche handgefertigten Teppiche sind momentan angesagt?

Wilhard Kühne: Im gehobenen Segment sind handgeknüpfte Loribaft-Teppiche momentan beliebt, Abwandlungen von Nomadenteppichen, die fein und dicht geknüpft sind. Außerdem stark im Kommen sind Teppiche im Vintage-Style oder Used-Look, und zwar in den unteren und gehobenen Preisklassen gleichermaßen. Ganz wichtig im Sortiment ist auch die "rote Ware", also die klassischen handgeknüpften Orientteppiche.

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Der handgeknüpfte Teppich ist seit langem wieder auf dem Vormarsch. Warum ist das so?

Kunden legen immer mehr Wert auf Individualität, das heißt, sie möchten Sondergrößen – und die in allen möglichen Fertigungstypen. Die Leute wollen weg vom Uniformen. Und das nicht nur, was die Größe angeht. Wer es sich leisten kann, greift heute auch wieder zum Orientteppich. Seine Renaissance hält mittlerweile schon eine ganze Weile an. Denn er gibt ein ganz anderes, ursprüngliches Wohn- und Wohlgefühl. Ich glaube auch, dass er weiterhin so beliebt bleibt.

Welche Designs sind bei Kunden momentan begehrt?

Eher unauffällige Designs, zurückhaltend und einfarbig. Vielleicht mal meliert. Bordüren aber sind den meisten schon zu viel. Zwei Drittel der Kunden wollen eher etwas Ruhiges für ihren Boden, ein Drittel hat Lust auf Farbe oder Muster. Das geht eigentlich über alle Bereiche hinweg.

Momentan herrscht im Interior Design-Bereich bei Farben der naturbelassene Trend vor: Erdtöne, Grün, Grau. Dazu passen Teppiche in natürlichen, zarten Farben.

Ja, dieser Trend wird auf jeden Fall auch weiter anhalten. Die Menschen mögen es zurzeit natürlich. Daneben ist auch Grau bei den Kunden sehr gefragt.

Besonders wichtig bei einem Teppich ist das Material. Geht der Trend auch hier Richtung Natur?

Ja. Bei den Naturteppichen verwenden Hersteller Hanf und Jute sehr gerne. Und sie spielen mit den Materialien und mixen sie miteinander, zum Beispiel Wolle mit Sisal, Leinen oder auch Ziegenhaar. Das gilt auch für das Luxussegment. Die Farbtrends hier sind die gleichen: Uni- und Naturfarben. Was sich verändert, ist der Rohstoff. Teurere Teppichen bestehen zum Beispiel hauptsächlich aus Naturfasern.

Im Bereich der Used-Look- und Vintage-Teppiche sind feine Knüpfungen aus Seide und Wolle gefragt.

Sie selbst reisen immer wieder nach Marokko. Momentan ist unter Modebloggern ein marokkanischer Teppich sehr beliebt: der Beni Ouarain aus heller Schafswolle und mit fein gezeichneten, schwarze Rautenmustern. Kommt für diesen Teppich bald der ganz große Durchbruch?

Ich finde Unikate und Nomadenteppiche klasse, weil ich persönlich diesen ursprünglichen, archaischen Stil auch gerne mag. Es gibt auch immer mehr Leute, die solche ausgefallenen Stücke wollen. Aber von einem Durchbruch sind wir aus meiner Sicht noch weit entfernt.

In den letzten Jahren war der Shaggy, also Hochflor im Zottel-Look eher out, dafür griffen die Kunden vermehrt zu Kurz- und Mittelflor.

Zarter und weicher Kurz- und Mittelflor bleibt bei den Kunden weiterhin beliebt. Langflor-Teppiche fristen tatsächlich ein Randleben. Sie sind einfach nicht mehr so angesagt.

Welcher Klassiker geht bei Teppichkunden immer?

Viele von meinen Kollegen im ganzen Bundesgebiet schwören auf die Orientteppiche Bidjar, den Mir und den Nain. Dieser unterscheidet sich von den anderen Orientteppichen durch seine blau-weiße Farbgebung. In Süddeutschland, wo ich arbeite, verkaufen wir sehr viele Gabbehs, mit meist geometrischen oder abstrakten Motiven.

Werfen wir einen Blick zurück. Sie sind seit über 35 Jahren im Teppichbusiness tätig: Welche Trends dominierten zu Beginn Ihrer Karriere?

Die ganze Mode, die wir heute kennen, ist erst viel später gekommen. Was es gab: Die volle Bandbreite der klassischen Teppichknüpfländer, außerdem indische und pakistanische Orientteppiche. Handwebteppiche. Der Nepal-Teppich war damals noch in den Kinderschuhen. Großartig mehr gab es nicht – bis vor etwa 25 Jahren. Da wurde der Nepalteppich schlagartig bekannt, auch als Designerteppich. Weil er sehr flexibel ist. Langsam kamen modische handgetuftete Teppiche aus Wolle dazu, die etwas günstiger waren.

Wagen wir einen Ausblick: Was können wir im nächsten Jahr im Bereich handgeknüpfte Teppiche erwarten?

Das kann ich noch gar nicht richtig sagen, auch was Farbtrends angeht. Ich bin gespannt, was auf der DOMOTEX angeboten wird. Meistens gibt es ein bis zwei Highlights, die zum Messegespräch werden. Ich glaube, es bleibt wahrscheinlich dabei, dass weiterhin unifarbene und Ton-in-Ton-Teppiche vorherrschen, statt auffälligen Farben und ausgeflippten Designs.

Welchen Teppich haben Sie dieses Jahr als Einkäufer am liebsten für Ihr Möbelhaus eingekauft?

Replikate von alten Mustern: indische Orientteppiche im Retrostyle. Sie sind aus handversponnener Wolle und mit Pflanzenfarbe gefärbt. Ich habe sie gekauft, weil sie so ausgefallen waren, etwas Besonderes. Die fließen jetzt gerade ins Geschäft ein.

Was kann man tun, wenn einem das Geld für eine große Neuanschaffung fehlt, man aber seine Einrichtung verändern möchte?

Viele Leute haben kommen mit Fotos von ihren Teppichen, die sie bereits zuhause haben, und wollen dazu etwas finden. Unser Job ist es, das dazu Passende zu suchen. Wichtig ist dann, dass Farben und Stil harmonieren.

Und welche Teppiche findet man bei Ihnen zu Hause?

Ich habe klassische Teppiche aus aller Herren Länder: persische, russische und afghanische. Bauern- und Nomadenteppiche. Viele Kelims , also Webteppiche, die auf beiden Seiten gleich aussehen und auch an der Wand hängen können. Viel mit geometrischen Mustern. Teilweise antike Sammlerstücke.

Insgesamt würde ich meinen Stil als einen Mix aus orientalischen und Landhaus-Elementen bezeichnen, dazu besitze ich einige antike Möbelstücke. Auch bei mir zu Hause bevorzuge ich farbliche Harmonie.